Meinungsvielfalt statt Echokammer: Das Startup „buzzard“ präsentiert zu aktuellen Großthemen verschiedene Fakten und widerstreitende Meinungen, darunter auch mal radikale Positionen. Es startete mit Erfolg ein Crowdfunding – und wurde jetzt mit einem Shitstorm überzogen. Haben die Buzzard-Macher die Meinungsfreiheit zu weit ausgelegt?
Ein Kommentar von Michael Haller
Lieber mit Gleichgesinnten kommunizieren und Andersdenkende möglichst ignorieren: Dieser in verschiedenen Studien nachgewiesene Trend schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, verhärtet die Meinungsfronten und stärkt extremistisch eingestellten Gruppen am linken und rechten Rand des politischen Spektrums.
Was kann man dagegen tun?
Zwei Studenten kamen vor drei Jahren auf die Idee, eine Plattform einzurichten, die zu kontrovers bewerteten Ereignisthemen unterschiedliche Positionen und Meinungen präsentiert. Ihr Motto: „Informiere dich breit und divers zu aktuellen Themen“. Die beiden nannten ihre Initiative „the buzzard“; es arbeitete mit Betriebsmitteln, die man Selbstausbeutung nennt. Immer wieder griffen sie aktuelle Kontroversen auf und scheuten sich auch nicht, globale Konfliktthemen anzureißen.
Themenbeispiel vom Juli 2018: „Sklaverei ist zwar überall auf der Welt verboten, aber nach wie vor weit verbreitet. Die UN schätzt, dass rund 40 Millionen Menschen weltweit als moderne Sklaven leben: Menschen, die für einen Hungerlohn zehn bis zwölf Stunden am Tag schuften müssen, kaum Rechte genießen und nicht fliehen können. Viele von ihnen schaffen Produkte und Lebensmittel, die wir in Deutschland zu Billigpreisen kaufen.“ Aufschlussreiche Beiträge zum Pro und Kontra dieser These wurden kuratiert, dazu Fakten und Hintergrund sowie Beiträge, die Auswege aufzeigen. Einige der benutzten Quellen: B 5 (Bayerischer Rundfunk), Guardian, Die Welt, Deutschlandfunk, der Blog von Jamie Oliver, World Economic Forum, der linksgrüne Aktivist Steffen Vogel und der Brite Daniel Nowland, der Tipps gibt, wie man „ethisch korrekter einkaufen“ könne.
Dieses Beispiel steht für viele andere, die belegen, dass es der Buzzard-Gruppe nicht allein um Meinungsvielfalt, sondern auch um Bedingungen geht, unter denen ein menschenwürdiges Leben möglich wäre: ein Stück Aufklärung im Fortgang meinungsbildender Diskurse. Weiterlesen