Wird die Integrationsfunktion der Medien zum „Auslaufmodell“? Bericht von der Jahrestagung 2017

Globalisierung und Digitalisierung führen tendenziell zu sozialer Desintegration, so Medienethikprofessor Alexander Filipović bei der Eröffnung der Jahrestagung des Netzwerks Medienethik in München. Wird die Integrationsfunktion der Medien zum „Auslaufmodell“? Die Tagungsteilnehmenden waren sich einig, dass diese Aufgabe wichtiger ist denn je – angesichts aufkommender Nationalismen und Social Media-Kommunikation in Echokammern und Filterblasen. 

Wie können Journalist_innen diese Integrationsfunktion wahrnehmen, die nach Filipović darin besteht, Gesellschaft als Ganzes zu sehen und Einzelne einzubinden? Etwa Geflüchtete: „Darüber berichten wir genauso wie über andere Themen“, sagte Steffen Jenter, Politik-Ressortleiter beim Bayerischen Rundfunk. Er antwortete auf die Frage nach seiner ethischen Haltung, er verstehe sich als „Anwalt für Demokratie und Grundwerte, für Flüchtlinge geht mir persönlich zu weit.“  Gleichwohl kritisierte er die gängige Berichterstattung: Zu wenig über die Situation in den Herkunftsländern, jetzt vor allem über Abschiebungen und „wie wir die Leute schnell loswerden“.

Mit Transparenz legitimieren

Es gelte, im Dialog mit Rezipient_innen die richtige Sprache zu finden, den richtigen Umgang mit Scharfmachern, Hetze und Fake News im Netz, dem Vorwurf, „auf einer Seite zu stehen“, zu begegnen. „Wir müssen auf Facebook präsenter sein, unsere Arbeit transparent machen“, so Jenter, sonst gebe es ein „Legitimationsproblem“. Dabei sei seine Arbeit transparenter und werde stärker kontrolliert als die anderer News-Produzent_innen: „Wenn ich Mist baue, muss ich in den Rundfunkrat und da vorsingen.“

Die Angst vor dem Vorwurf der Parteinahme zeigte sich auch in der Diskussion über die Richtlinie 12.1 des Pressekodex und die Frage, ob und wann die Herkunft von Straftätern genannt werden darf. Medienwissenschaftler Tobias Eberwein hielt es „für ein Versäumnis“, dass die Anpassung der Antidiskriminierungsrichtlinie ausblieb und der Presserat sie bestätigte. Dass die Nicht-Nennung Normalfall sei, widerspreche der journalistischen Äußerungspflicht. Man solle die Ziffer 12.1 streichen, nur das allgemeine Diskriminierungsverbot beibehalten und die Entscheidung der Redaktion überlassen, ihr aber gleichwohl in Leitfäden Hilfestellung geben. In der anschließenden Diskussion gab es kritische Stimmen zur „Normalisierung“ von Exklusionsmerkmalen wie Herkunft oder Religion.

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Pre-Conference zur NME Jahrestagung 2017

Vor dem Get together zur Jahrestagung des Netzwerks Medienethik trifft sich die Nachwuchsgruppe Kommunikations- und Medienethik am Mittwochnachmittag (15.02.17, ab 16 Uhr) zum interdisziplinären wissenschaftlichen Austausch. Wir freuen uns sehr, dass uns auch in diesem Jahr erfahrene WissenschaftlerInnen der Fachgruppe mit Ihrem Feedback unterstützen!

Treffpunkt ist Seminarraum 2 der Hochschule für Philosophie.

Tagesordnung

16.00-16.30 Uhr

Nadine Ranger, M.A. (Otto-Friedirch-Universität Bamberg):

"Mediennutzungsgewohnheiten und mediale Integration von Flüchtlingen."

16.30-17.00 Uhr

Leonie Seng, M.A. (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg):

"Automatisiertes Fahren – eine Frage der Ethik?"

17.00-17.30 Uhr

Dr. Petra von Gerr (ZIPAR):

"Externes Promovieren: Hilfen und Hürden." (Informationsvortrag)

17.30-18.00 Uhr

Plenum: Offene Diskussion über aktuelle Forschungsfragen

18.00-18.30 Uhr

Interne Organisation

 

Die angegebenen Zeiten dienen jeweils als Richtwerte.

Wir bedanken uns für alle Anmeldungen und freuen uns auf einen regen Austausch!